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30 Jahre Große Kreisstadt

Crailsheim 30 Jahre Große Kreisstadt

Innenminister Walter Krause und Oberbürgermeister Hellmut Zundel beim Festakt anlässlich der Erhebung Crailsheims zur Großen Kreisstadt
Innenminister Walter Krause und Oberbürgermeister Hellmut Zundel beim Festakt anlässlich der Erhebung Crailsheims zur Großen Kreisstadt

Mit Wirkung zum 1. Januar 1972 wurde Crailsheim zur Großen Kreisstadt erhoben. In einem Festakt im Rathaus wurde wenige Tage später am 12. Januar die Ernennungsurkunde vom baden-württembergischen Innenminister Walter Krause an Oberbürgermeister Hellmut Zundel übergeben. In den vergangenen Wochen jährten sich diese für die Stadtentwicklung bedeutsamen Ereignisse zum dreißigsten Mal.

Voraussetzung für die Erhebung zur Großen Kreisstadt war eine Einwohnerzahl von 20.000. Crailsheim, das seit Mitte der 1960er Jahre durch eine gezielte Grundstückspolitik und intensive Förderung von Wohnungsbau und Industrieansiedlung selbst stark expandierte, überschritt diese Marke durch die Eingemeindungen von Tiefenbach (auf 1.1.1971), Onolzheim (auf 1.8.1971) und Roßfeld (auf 1.1.1972).
Vor dem Hintergrund der Zielplanung der staatlichen Gemeindereform, die die Schaffung besser ausgestatteter Verwaltungen in größeren Gemeindeeinheiten anstrebte, und der in der Kreisreform angekündigten Auflösung des Landkreises Crailsheim (mit der Verlegung des Kreissitzes nach Schwäbisch Hall) warb die Stadt seit Beginn der 1970er Jahre gezielt um den Anschluss benachbarter Gemeinden. Dadurch sollte spätestens bis zur Auflösung des Landkreises der Status der Großen Kreisstadt erreicht werden. Nicht nur, um die Zentralitätsfunktion Crailsheims zu erhalten und zu unterstreichen, sondern auch um wichtige Verwaltungszuständigkeiten im Interesse einer möglich orts- und bürgernahen Verwaltung in der Stadt zu halten. Angesichts unbestreitbarer Vorteile und drohender staatlich verordneter Zwangszusammenschlüsse ließ der Erfolg trotz teilweise heftiger Auseinandersetzungen nicht lange auf sich warten. Keine unwesentliche Rolle spielten dabei die hohen Sonderzuschüsse bei frühzeitigen freiwilligen Zusammenschlüssen.

Die Erhebung zur Großen Kreisstadt brachte mancherlei Veränderungen: An der Spitze der Stadtverwaltung stand nun ein „Ober“-Bürgermeister, der gemeinsam mit einem Ersten Beigeordneten („Bürgermeister“) und einem Technischen Beigeordneten („Baudirektor“) nach einem neu festgelegten Geschäftsverteilungsplan die Geschicke der Stadt lenkte. Ein eigenes städtisches Rechnungsprüfungsamt musste eingerichtet werden. Für die Bürgerinnen und Bürger in Crailsheim und den neuen Stadtteilen entscheidend aber war vor allem die Tatsache, dass mit dem neuen Status der Stadt alle Zuständigkeiten der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde, die bisher beim Landratsamt angesiedelt waren, an die Stadt übergingen. Fragen des Passwesens, des Gewerbe- und Gaststättenrechts, des Vereins- und Versammlungsrechts, die Ausstellung von Fischerei- oder Waffenscheinen, aber auch Ausländer- und Straßenverkehrsangelegenheiten (einschließlich der Verhängung von Bußgeldern oder des Aufstellens von Verkehrsschildern) und manches mehr konnten nun direkt auf dem Crailsheimer Rathaus im neu eingerichteten städtischen Ordnungsamt erledigt werden. Lange Wege zum Landratsamt in Schwäbisch Hall erübrigten sich. Abgesehen von dem enormen Bedeutungszuwachs, den Crailsheim als Große Kreisstadt in der Region erfuhr, ist dies für die Bürgerschaft bis heute von sehr praktischer Bedeutung.

Der Stadtstein – Stadtgeschichte und Programm

Karl Mietz mit dem von ihm gestalteten Crailsheimer Stadtstein
Karl Mietz mit dem von ihm gestalteten Crailsheimer Stadtstein
Der Stadtstein an seinem Standort im Lammgarten
Der Stadtstein an seinem Standort im Lammgarten

Die Erhebung zur Großen Kreisstadt vor 30 Jahren hatte für die weitere Entwicklung Crailsheims große Bedeutung, mit ihr begann ein neuer Abschnitt der Stadtgeschichte. Unterstrichen wurde dies durch die Errichtung und feierliche Enthüllung des Stadtsteins in der Lammgartenanlage am 2. Januar 1972.

Die Idee für den Stadtstein stammte von dem Crailsheimer Bildhauermeister Karl-Heinz Mietz, der damit seine Abschlussarbeit an der Münchener Meisterschule für künstlerisches Gewerbe als Bildhauer und Steintechniker vorlegte. Aus einem Muschelkalk-Rohblock, der
von der Firma Schön & Hippelein gestiftet worden war, schuf Mietz eine (mit Sockel) insgesamt 2,7 Meter hohe Steinskulptur, die in Reliefen und Textteilen die wechselvolle Geschichte Crailsheims in Kurzform Revue passieren lässt. Der in der Aufsicht quadratische Stein ist zudem im oberen Bereich mit einem Bildfries versehen, der die Stadtsilhouette darstellt.

Auf zwei der vier Seiten wird die territoriale Zugehörigkeit Crailsheims seit dem Beginn seiner schriftlich überlieferten Geschichte dargestellt, einmal per Text und Jahreszahlen, zum anderen durch die Wappen der verschiedenen Landesherrschaften: beginnend mit dem St. Moritzstift in Augsburg über die Grafen von Öttingen und Hohenlohe, die Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach, die Königreiche Preußen und Bayern bis zur Eingliederung Crailsheims nach Württemberg im Jahre 1810.

Die dritte Seite präsentiert die moderne Geschichte Crailsheims, berührt die Mittelpunktsfunktion der Stadt in Württembergisch Franken, streift die Kriegszerstörung 1945, den Wiederaufbau und die „Entwicklung zum modernen Gemeinwesen“ in den Nachkriegsjahrzehnten und gipfelt schließlich in der Erhebung zur Großen Kreisstadt 1972.

Die vierte und letzte Seite des Stadtsteins ist die sogenannte Stadtfeiertagsseite. Neben der Jahreszahl 1380, die auf das für das städtische Selbstverständnis zentrale Ereignis der abgewiesenen Stadtbelagerung von 1379/80 hinweist, finden sich hier mehrere Horaffen als Stadtsymbole. Programmatisch die Inschrift auf dieser Seite: „Zusammenhalt, Friede und Fortschritt“ - Werte, die der neugebackene Oberbürgermeister Hellmut Zundel, der die Texte des Stadtsteins festgelegt hatte, den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt bei seiner Ansprache zur Einweihung vor 30 Jahren auch für die Zukunft besonders ans Herz legte.


Erschienen im Crailsheimer Stadtblatt vom 31. Januar 2002

Autor Folker Förtsch