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Crailsheimer Zeitungsgeschichte

Die Anfänge der Crailsheimer Zeitungsgeschichte und die Ära Stüber

Die Versorgung mit Nachrichten und Neuigkeiten aus aller Welt und natürlich auch aus der eigenen Umgebung ist heute eine Selbstverständlichkeit. Zahlreiche Medien stehen dafür zur Verfügung: Fernsehen, Radio, überregionale und lokale Tageszeitungen, seit einigen Jahren und mit zunehmender Bedeutung auch die neuen Medien, vor allem natürlich das Internet. Die Überfülle der Information im Medienzeitalter lässt uns gelegentlich vergessen, dass regelmäßige Berichterstattung über Ereignisse des politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens für die Masse der Bevölkerung eine historisch gesehen recht junge Erscheinung ist. Sie setzte in nennenswertem Umfang erst vor frühestens 200 Jahren ein.

Wichtigster, häufig einziger Informationsträger bis weit ins 20. Jahrhundert hinein waren die Zeitungen. Erste regelmäßig erscheinende Zeitungen gab es vereinzelt schon im 17. Jahrhundert. Der große Aufschwung des Pressewesens ereignete sich dann Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts. In diesen Kontext gehören auch die Anfänge der Crailsheimer Zeitungsgeschichte.

Die erste Zeitung, die sich speziell an Interessenten aus der Stadt und dem Bezirk Crailsheim richtete, war das „Königlich Württembergische Amts- und Intelligenz-Blatt für die Oberämter Gerabronn und Crailsheim“. Es erschien erstmals mit Beginn des Jahres 1827. Herausgege-ben und gedruckt wurde dieses Blatt jedoch nicht in Crailsheim oder Gerabronn, sondern durch den Kanzlei-Buchdrucker und Buchhändler Joh. Ev. Schönbrod in Ellwangen. Der Erfolg dieser Zeitung, die noch nicht täglich , sondern nur mit einer Ausgabe pro Woche herauskam, war offensichtlich sehr begrenzt. Schon nach zweijährigem Erscheinen wurde sie auf Ende 1828 eingestellt. Das Interesse an dem Blatt im Verbreitungsgebiet Crailsheim und Gerabronn war zu gering. Ab Anfang 1829 brachte Schönbrod deshalb das „Allgemeine Amts- und Intelligenzblatt für den Jaxt-Kreis“ heraus, dessen Einzugsbereich zusätzlich die Bezirke Aalen, Ellwangen, Heidenheim und Neresheim umfasste.

Anzeige zum Übergang der Buchdruckerei Stüber an August Richter auf 1. April 1883
Anzeige zum Übergang der Buchdruckerei Stüber an August Richter auf 1. April 1883

Es dauerte noch einmal neun Jahre, bis sich in Crailsheim eine eigene Druckerei etablierte und mit Jahresbeginn 1838 endlich eine Zeitung eigens für die Stadt und den Bezirk Crailsheim erscheinen konnte – es war dies die Geburtsstunde der hiesigen Lokalzeitung, die in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens noch den umständlichen Namen „Amts- und Intelligenzblatt für das Oberamt Crailsheim und die Umgebung“ trug.

Herausgeber der Zeitung war der knapp 30-jährige Friedrich Stüber. Der gebürtige Crailsheimer hatte das Buchbinderhandwerk gelernt und darin 1835 seine Meisterprüfung abgelegt. Daneben hatte er sich offensichtlich Kenntnisse im Buchdruck erworben, denn im Mai 1837 ersteigerte er in Stuttgart „Buchdrukers-Requisiten“ und damit wohl den Grundstock für die Ausrüstung seiner Crailsheimer Druckerei. Untergebracht war sie zunächst in der Stüberschen Wohnung im Obergeschoss des Hauses Nr. 213 in der „Langen Gaße“ (heute: Lange Straße 17), ab 1840 dann im neu erkauften Haus Nr. 175 am Schweinemarktplatz, der früheren Adlerwirtschaft (heute: Eiscafé Venezia).

Ab 1838 also belieferte Stüber von dort die Interessenten in Crailsheim mit amtlichen Verordnungen und privaten Geschäftsanzeigen. Denn die frühen „Amts- und Intelligenzblätter“ unterschieden sich inhaltlich grundlegend von heutigen Zeitungen. Aktuelle politische Nachrichten und Kommentare zum lokalen, nationalen und internationalen Geschehen unterlagen der Zensur und kamen daher nicht vor. Als Amtsblätter brachten sie ausschließlich „die Befehle der Königl. Bezirksämter den Ortsvorstehern zur Kenntniß“. Dazu kamen „amtliche und Privatbekanntmachungen“ und „den Bürger und Landmann belehrende und unterhaltende Aufsätze“.

Reich wurde Stüber mit seiner Zeitung nicht. In einem stadträtlichen Leumundszeugnis von 1847 wird er als „ruhiger und friedlicher Mann“ bezeichnet – aber: „Seine Vermoegensumstände sind mittelmaesig“. Dennoch scheint er sich das Ansehen seiner Mitbürger erworben zu haben; 1855 wurde er für sechs Jahre in den Crailsheimer Gemeinderat gewählt.

Als Friedrich Stüber 1864 starb, trat sein 22-jähriger Sohn gleichen Namens in seine Nachfolge ein. Er heiratete 1871 die Tochter des Besitzers des Sauerbrunnens Friedrich Ziegler und kaufte zu diesem Anlass von seinem Schwiegervater das repräsentative Gebäude der früheren Ochsenwirtschaft in der Langen Straße samt Nebengebäude mit Brauhaus und Stallung (heute: südlicher Teil von Götz-Optik). Damit hatte die Crailsheimer Lokalzeitung den Standort gefunden, den sie bis zu ihrer Zerstörung 1945 beibehalten sollte. Mit der Standortverlagerung war auch eine Umbenennung verbunden: Ab 1872 trug die Zeitung den Namen „Fränkischer Grenzbote“.

1883 endete nach 45 Jahren die Ära Stüber der Crailsheimer Zeitungsgeschichte. „Familien-Verhältnisse“ veranlassten Stüber, seine Druckerei und den Verlag des „Fränkischen Grenzboten“ zu verkaufen, ohne dass wir genauere Hintergründe erfahren. Nachfolger als Herausgeber der Crailsheimer Lokalzeitung wurde auf 1. April 1883 August Richter.



Erschienen im Hohenloher Tagblatt vom 28. November 2013

Autor Folker Förtsch